Naturstandort von Myrica gale: Der Gagelstrauchkommt in ausgeprägt atlantischen, dh. niederschlagsreichen und wintermilden Regionen von Nordamerika bis an die Pazifikküste des russischen Fernen Osten vor. In Europa ist er von der Atlantikküste der Iberischen Halbinsel bis Süd-Skandinavien verbreitet . Auch im baltischen Raum gibt es Vorkommen.
In
Deutschland ist Myrica gale ausschließlich in der Norddeutschen Tiefebene heimisch. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt hier eindeutig in der Westhälfte, während sich die östlichen Vorkommen fast ausschließlich unmittelbar entlang der Ostseeküste befinden.
Myrica gale in einem Niedermoor mit Rasen-Schmiele
Myrica gale ist an nährstoffarme, feuchte bis nasse und stickstoffarme Moorstandorte saurer Bodensubstrate gebunden. Lediglich im Osten des Verbreitungsgebietes geht die Art auch auf feuchte bis nasse Mineralböden.
Die lichtliebende Art ist eine Kennart des Gagelgebüsches am Rand von Mooren oder teil-entwässerten Mooren und den Verlandungsbereichen von Heideweihern.
Ökologische Zeigerwerte nach ELLENBERG ... zur LegendeLicht (8) Temperatur (6) Kontinentalität (2) Feuchte (9) Reaktion (3) Stickstoff (3)
Winteraspekt mit rötlich-braunen Blütenknospen
Beschreibung: Der Gagelstrauch ist ein 100 bis 150 (200) cm hoher, sommergrüner Strauch mit in der Jugend wenig verzeigtem, straff aufrechtem Wuchs. Im Alter wird der Habitus buschiger, neigt dabei an der Basis etwas zum Verkahlen.
Das Laub ist im Austrieb frisch grün und nimmt oberseits später eine leicht blaustichige, dunkelgrüne Färbung an. Die Blattstruktur wird dabei zunehmend ledriger. Die Blattunterseiten sind heller und behaart. Eine nennenswerte Herbstfärbung wird nicht entwickelt.
Männliche Gagelsträucher zeigen vor dem Laubaustrieb im April bis 1,5 cm lange, braun-orangene Kätzchenblüten. Die Kätzchen der weiblichen Sträucher sind kaum halb solang und unscheinbarer. Die winterlichen Blütenknopsen sind rötlich-braun und bei beiden Geschlechtern dezent zierend.
Die gesamte Pflanze verströmt v.a. an warmen, sonnigen Sommertagen einen starken, aromatischen Duft aus einer Vielzahl auf Zweigen und Blättern verteilten Harzdrüsen. Die ätherischen Öle wurden im Mittelalter regional als Ersatz für den teureren
Hopfen zur Aromatisierung von Bier verwendet. Auch gegen die damalige Flohplage sollen die zerriebenen Blätter geholfen haben.
Männliches Exemplar mit Blüte vor dem Laubaustrieb
Verwendungshinweise: Myrica gale ist eine eher zurückhaltende und dennoch praktisch ganzjährig ansprechende Erscheinung. Sie schafft dies auf zauberhafte Weise ohne leuchtende Blüten oder Blattfärbungen.
Allein der kompakte, wolkige Wuchs mit den bläulich-grünen, steifen Blättern ist sehr stilvoll. Dazu kommt die ungewöhnliche Struktur der Blüten vor dem Laubaustrieb und die zierenden Blütenknopsen im Winter. Als Zugabe ist der würzige, unverwechselbare Duft, der unwillkürlich an wilde Moorlandschaften erinnert, nicht zu unterschätzen.
Das man den Gagelstrauch nicht häufiger sieht, liegt sicherlich in erster Linie daran, dass seine Standortansprüche nur in Ausnahmefällen ohne Weiteres zu befriedigen sind.
In weitläufigen, naturnahen Moorbeeten und feuchten Heidegärten ist er jedenfalls ein hervorragender Strukturgeber. Sehr wirkungsvoll ist der Kontrast des dunklen Laubes mit und die Harmonie der Blüten-(Knospen) mit den strohigen Samenständen der Wiesengräser wie
Rasen-Schmiele und
Rohr- bzw.
Moor-Pfeifengras, mit denen der Gagelstrauch auch an Naturstandorten häufig zu sehen ist.
Liebhaber minimalistischer Eleganz sollten außerdem einen Einsatz in größeren Pflanzkübeln auf sonnigen Terrassen, kleineren Innenhöfen und Atrien erwägen. Sie entfaltet hier einen geradezu mediterranen Flair und der Duft kann besonders zur Wirkung kommen. Die Art ist auch in Kübeln winterhart.
Im Versandhandel ist die Art zu beziehen, sie gehört aber nicht zum Baumschulstandard.
Naturalistischer Einsatz am Rande eines Hochmoorbeetes mit Torfmoosen
Kultur: An sonnigen Stellen auf mindestens dauerhaft feuchten Standorten ist Myrica gale sehr pflegeleicht und auch bei einer Zunahme der Stickstoffversorgung robust gegenüber Wildkrautkonkurrenz. Trockenstress ist immer zu vermeiden.
Unter Gartenbedingungen kann die Art auch auf feuchten, basenarmen Sand- und sandigen Lehmböden kultiviert werden. Kalk im Boden führt zu Blattchlorosen.